Montag, 25. Februar 2013

Watzlawicks Hammer: Wie ein Konflikt entsteht

Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Vielleicht hat er die Eile nur vorgeschützt, und er hat was gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts getan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht´s mir wirklich. - Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er "Guten Tag" sagen kann, schreit ihn unser Mann an: "Behalten Sie Ihren Hammer, Sie Rüpel".

(aus P. Watzlawick: Anleitung zum unglücklich sein.)

Tja, und mit welchen Vorannahmen über Ihre Mitmenschen gehen sie durchs Leben? Welche Bilder haben Sie von Verwandten, Freunden, Kollgen, Mitbewerbern? Achten Sie in erster Line auf Trennendes oder auf Verbindendes?

Denken Sie jetzt mal an eine Person, die Ihnen nicht besonders sympathisch ist, mit der Sie aber zusammen arbeiten müssen. Welche positiven, menschlichen Aspekte hat die Person? Vielleicht ist sie im Büro etwas unfreundlich oder kurz angebunden, aber total liebvoll zu ihren Kindern? Das macht sie menschlicher. Jeder Mensch hat positive Aspekte an sich, selbst Verbrecher.


Schauen wir uns die kleine Geschichte von Paul Watzlawick noch einmal an und überprüfen sie auf Fakten, Interpretationen, Annahmen, Gerüchte und Erwartungen:

FAKTEN: Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen.

ANNAHME UND ERWARTUNG: Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will?

FAKT MIT INTERPRETATION: Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig.

INTERPRETATION: Vielleicht war er in Eile.

ANNAHME MIT GERÜCHT: Vielleicht hat er die Eile nur vorgeschützt, und er hat was gegen mich. Und was?

FAKT MIT GERÜCHT: Ich habe ihm nichts getan; der bildet sich da etwas ein.

WAHRSCHEINLICH EIN FAKT: Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort.

GERÜCHT: Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht´s mir wirklich.

Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er "Guten Tag" sagen kann, schreit ihn unser Mann an: "Behalten Sie Ihren Hammer, Sie Rüpel".
Tja, Sie sehen hier, wie leicht sich Fakten, Interpretationen, Annahmen, Gerüchte und Erwartungen mischen. Sie sehen vielleicht auch, dass Interpretationen und Annahmen manchmal schwer zu trennen sind. Bei Gerüchten ist es einfacher. Sie haben keinerlei Grundlage und ich kann sie selbst erfinden.

Die Folge ist ziemlich eindeutig: Das nachbarschaftliche Verhältnis dürfte für längere Zeit gestört sein.

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen